Samstag, 21. Dezember 2013

Ein persönlicher politischer Jahresrückblick 2013

Ein persönlicher politischer Jahresrückblick 2013:

Was kann man über dieses Jahr alles schreiben?
Ich versuche es stichwortartig nach „Erlebnis“-Orten!

Es bedeutete…


im Studium:
…ein geniales Seminar der Frühjahrsakademie des Ev. Studienwerks e.V. Villigst in Wittenberg zum Thema, trotz nicht Bekommens des Stipendium des Studienwerks (März 2013)
… das Ende des 1.Semesters mit Hausarbeit im Seminar „Hannah Arendt und Carl Schmitt“ („Carl Schmitt – Hannah Arendt“ im Vergleich mit den Gegensatzpaar „Niccolo Machiavelli und Erasmus von Rotterdam“ (Politikmodul)  im Februar und knapp zwei weitere Semester „Politikwissenschaften“ in den Modulen: „Organisation und Entscheidung“ (Politisches System Deutschlands) und „Identität und Repräsentation“ (Staats-, Nation- und Demokratietheorie) mit Essay über „Grundgesetz als Provisorium“, Hausarbeit über „Hegels Staatstheorie aus Sicht Ernst Cassirers“ im Seminar „Vom Mythus des Staates“(Ernst Cassirer), Seminar „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“ (Friedrich Schiller) / beide Teil eines Kulturwissenschaftsmodul
…eine Teilnahme an einer Tagestagung zu den Jahresthemen der Lutherdekade „Reformation und Toleranz“ (2013) und über „Reformation und Politik“ (2014) in drei Themenblöcken „Religion und Toleranz“, „Politik und Toleranz“, und „Politik und Religion“ (u.a. mit Bodo Ramelow) der Theologischen Fakultät Leipzig (Oktober)
… ein weiterer Vortrag im Rahmen der Theologischen Fakultät „Idee und Programm - Albert Schweitzer“
…einige Vorträge des „Center for Area Studies“ – Leipzig, u.a. über die Arbeit des Internationalen Gerichtshof („Transitional Justice“) und „Towards a new sociology“

in meiner nun ehemaligen Partei „SPD“:
...das Ende meiner Mitgliedschaft in der SPD nach der Zustimmung der SPD-Basis zum Eintritt der SPD in einer von der „Union“(CDU/CSU) geführten Bundesregierung (Dezember 2013)
…den ersten Besuch eines SPD-Bundesparteitags in Leipzig im November 2013 (2 von 3 Tagen)
… den Besuch der öffentlichen Premiere des Films „150 Jahre SPD“ (Februar 2013) und den Besuch der 150. Jahrfeier der Partei ebenfalls in Leipzig (Mai 2013) 
…ein Besuch einer mitgliederöffentlichen Vorstandssitzung meines ehemaligen Ortsvereines Herringen (Hamm)
…ein kurzer Informationsnachmittag mit Hannelore Kraft in Hamm (September)
…die Teilnahme als Zuschauer an mehreren Podiumsdiskussionen in Hamm zur Bundestagswahl (September)
…einmalige Unterstützung eines Infostandes für den SPD-Kandidaten für Hamm/ Unna II (September)
…ein sehr engagierten Wahlkampf gegen die Große Koalition im Internet (November / Dezember)


in der Ev. Brüder-Unität / Herrnhuter Brüdergemeine:
…den Neuanfang des Arbeitskreises „Rechtsaußen – und mitten unter uns“ der Ev. Brüder-Unität, der sich um Aufklärung über Formen des Rechtsextremismus und Möglichkeiten des Engagements gegen diese Formen beschäftigt (Aufnahme der Mitgliedschaft dieses Arbeitskreises in die Bundesarbeitsgemeinschaft „Kirche und Rechtsextremismus“) (April)
…den politischsten „Kleinen Moraven“ (Jugendzeitschrift der Ev. Brüder-Unität) (Juni)
…die Mitarbeit bei der Vorbereitung und Durchführung der diesjährigen Tagung zum Konziliaren Prozess / „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ der Ev. Brüder-Unität (April/Oktober)
…eine Teilnahme an einer Tagung des Vereins „Unitas Fratrum“ über die Befreiungskriege mit gleichzeitigen Bezug auf die auch politische Frage: „Die Ev. Brüder-Unität als Friedenskirche?“ (Oktober)
…eine Teilnahme an einer Tagung zu „Thora und Evangelium in den Losungen“ als Sensibilisierung für den christlich-jüdischen Dialog, neuen Impulsen und politische abendliche Diskussionen (September)
…eine neue Erfahrung auf dem Kirchentag, dass mir die poltischen Podien nicht mehr wirklich was neues geben können und mir das "NUR REDEN" ziemlich auf die Nerven geht! (Mai)


in außerparlamentarischen Bewegungen:
…eine mehr begleitende Mitarbeit bei ATTAC Leipzig mit Besuch von Veranstaltungen („Ziviler Ungehorsam“, „Freihandelsabkommen EU/USA“) und Unterstützung von einzelnen Aktionen
…Vorbereitungstreffen für ein lokales Bündnis gegen das Freihandelsabkommen der EU mit der USA und für ein Konzept des alternativen Handelsmandat im Dezember (Bündnisgründung Januar 2014)
…die Mitwirkung bei Protesten gegen die Fremdenfeindlichkeit von Mitbürgerinnen und Mitbürger und der NPD in Leipzig-Schönefeld und „Willkommen heißen“- Einsatz für die Asylsuchenden in ihrer temporäre Asylunterkunft
…Teilnahme an einem Informationstreffen über die Vorbereitung der 4. Internationalen „Degrowth“-Conference im September 2014 in Leipzig
…eine sehr wahrscheinlich Gründung einer außerparlamentarischen Bewegung ( „Creative Justice Movement“) zum Jahr 2014

im Internet:
…die im November wieder aufgenommene tägliche Berichterstattung via Facebook gegen verfehlte Politik (u.a. nun niedergeschrieben im Koalitionsvertrag von „Schwarz-Rot“ für die nächsten 4 Jahre), über lokale, regionale, nationale und internationale Ereignisse und für solidarische Problemlösung unserer weltweiten Probleme



persönlich:
…eine breite politische Information durch das 56. Dokumentar- und Animationsfestival in Leipzig (Oktober 2013):
- über die Militarisierung eines ganzen Staates Israel („The Lab“)
- über die Wasserproblematik in den besetzten Palästinensergebieten („Fading valley“)
- historisch über die Zeit als politischer Gefangener in der Diktatur im Iran („
- über derzeitige Situation im Irak („Broken Record“)
- über einer Arbeiterbesetzung eines Betriebes in Italien („On the Art of War“) 
- über eine kleine aber wichtige Solidaritätsaktion von Arbeiter in Schottland einer Nichtbearbeitung von Motoren und Getrieben für Militärflugzeuge für die Diktatur in Chile („Nae Pasaran“)
- über eine politische Dystopie für Brasilien 2096 mit Rückschau auf 500 Jahre Repression(„Rio 2096“) 
- über einen interessanter Versuch eines Ausstiegs aus der Konsumgesellschaft („My stuff“)
- über die Geschehnisse einer brasilianischen Aktivistenfamilie in den 1970er Jahre („Diary, Letteres, Revolution“
- über ein Versuch eines „Ökocamp“ in der Innenstadt von London („Grasp the Nettle“)
- über eine Reisebegleitung auf der Suche nach einem „sicheren“ Endlager für radioaktiven Abfall („Die Reise zum sichersten Ort der Erde“) 
- über einen ausgestiegenen Finanzjongleurs mit tiefen Einblick in das in sich geschlossene, unmenschliches Finanzsystem („Master oft he Universe“)
-über die Geschichte des „Club of Rome“ und ihren Bericht „Die Grenzen des Wachstums" („Last Call“)
=> Alle diese Filme empfehle ich euch!
…ein Film über die Kampagne „No!“, die das Ende der Diktatur von Pinochet in Chile anzuschauen
…eine Beschäftigung mit der politischen Geschichte Irlands (u.a. der Osteraufstand 1916 und Unabhängigkeitsbewegung) im Rahmen einer Irlandreise (August)
…mehrere Vorträge in der ESG Leipzig, u.a. „Ein Christ muss Pazifist sein“, „Ein Christ muss Sozialist sein“, einen Vortrag über „Zeitwohlstand und Beschleunigung“ des Konzeptwerks „Neue Ökonomie“ und einen Vortrag „Kirche und Sozialdemokratie – eine schwierige Geschichte“ der Thomaskirchengemeinde Leipzig
…politische Buchvorstellungen im Rahmen der Leipziger Buchmesse März 2013 (u.a. Studien zum Rechtsextremismus in Deutschland)
…die Teilnahme als Zuschauer an der „Leipziger Disputation“ 2013 zwischen Margot Käßmann und Jutta Dittfurth 
…Teilnahme an der Oberbürgermeisterwahl der Stadt Leipzig und an der Bundestagswahl der Bundesrepublik Deutschlands
…eine Weiterentwicklung von eigenen Visionen und Konzepte / Neuaufnahme von Begriffen, wie z.B. „Schöpferische Gerechtigkeit“

Montag, 16. Dezember 2013

Meine Austrittserklärung aus der Partei "SPD"


Name
Adresse

SPD Parteivorstand
Wilhelmstraße 141 
10963 Berlin

Leipzig, 15.12.2013
Austritt aus der SPD
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erkläre ich mit sofortiger Wirkung mein Austritt aus der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Im Anhang befindet sich eine ausführlichere Stellungnahme zu meinem Austritt. Ich bedauere, dass es zu diesem Schritt kommen musste, aber im Anbetracht der Tatsache der derzeitigen Politik und auch im Hinblick auf die zukünftige Ausrichtung der Politik der SPD blieb mir leider nur noch dieser Schritt übrig. Ich bleibe ein kritisch und aufmerksamer Beobachter der SPD und ein Kämpfer für die Ideale der Sozialdemokratie!
Name:
Anschrift:
Geburtsdatum:
Eintrittsdatum in die SPD: 01.08.2006

Bitte bestätigen Sie mir schriftlich den Erhalt dieser Austrittserklärung!
Mit freundlichen und genossenschaftlichen Grüßen
Visionär92
Anhang:
Persönliche Erklärung meines Austritts
Ich bin ein Visionär, deswegen habe ich mich schon früh in meinem Leben dafür entschieden, mich in einer Partei zu engagieren und mich breit politisch zu informieren. Dabei stieß ich auf die beiden ersten sozialdemokratischen Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Der ebenfalls aus meiner Sicht als Visionär zu bezeichnenden Willy Brandt und auf den Pragmatiker Helmuth Schmidt (Anmerkung: Auch wenn mir dieses Gegensatzpaar und der inflationäre Gebrauch dieser beiden als ein solches nicht wirklich zusagt). Für mich der schon früh ein starkes Gerechtigkeitsempfinden entwickelt hatte, war die richtige Mischung aus sozialer Gerechtigkeit, Verantwortungsübernahme und demokratischer Ausrichtung genau das richtige.

Ich bin 2006 in die SPD eingetreten, als gerade die erste Große Koalition an Fahrt aufgenommen hatte. Ich war immer noch so von den Idealen und Vorstellungen der SPD fasziniert, dass ich die damalige Politik genauso wie das Handeln von Gerhardt Schröders und seiner Rot-Grünen-Bundesregierung für richtig hielt und verteidigte. Mit zunehmender Dauer der Großen Koalition wuchs aber meine Skepsis gegenüber der Bundespolitik der SPD, doch hatte ich in meiner Heimatstadt eine große engagierte Juso-Gruppe, die kommunalpolitisch viel bewegen wollten und es auch umsetzten. Auch in meinem Ortsverein war ich schon bald ein gern gesehenes Mitglied und wurde schon im ersten Jahr in den Orstvereinsvorstand gewählt, als 2.Schriftführer und Beauftragter für den Internetauftritt des Ortsvereins. Ich wurde auch mehrmals bestätigt bis ich dann 2009 aus dem Ortsverein mehr auf die Stadtebene wechselte. Ich baute zusammen mit anderen Schülervertretern die Bezirksschülervertretung Hamm wieder auf und wurde in den Unterbezirksvorstand der Jusos Hamm gewählt. Zuständig für den Bereich Mobilität und als Schriftführer setzte ich mich für die Belange von jungen Menschen ein. 2009-2010 engagierte ich mich fast in jeder freien Minute für die Partei, in drei Wahlkämpfen: BTW Wahl 2009 für Steinmeier, obwohl ich seine Politik unter Schröder schon stark zu kritisieren begann, 2009 auch Kommunalwahlen in Hamm, in der wir obwohl wir ein Bürgerprogramm erstellt haben, einfach nicht gewählt wurden und 2010 der Landtagswahlkampf für eine mir bis vor kurzem sehr sympathisch, bürgernahen und richtige politische Zielvorstellungen habende Hannelore Kraft. Außerdem in der Aufklärungsarbeit über Rechtsextremismus, in den Bereichen Migration/Integration und schülergerechter öffentlichen Nahverkehr. Ich war stolz in der Partei zu sein, die vor allem auf Landes- und Kommunalebene so viel Gutes für die Menschen erreicht hat, erreichen wollte und wird. Im Jahr 2011, in meinem Abiturjahr, kam es aber auch zu ersten Zerwürfnissen mit meiner Partei und den Jusos, da ich einen konsequenten vegetarischen Ernährungsstil lebte, der von vielen Jusos als Angriffspunkt gegen mich verwendet wurde, gegen die „Kohle-Politik“ der Landes-SPD und auch der Landes-Jusos wetterte und mich aus der aktiven Arbeit und damit aus dem Vorstand verabschiedete, da es für mich ein Jahr nach Südafrika ging, um einen Freiwilligendienst zu machen. Dankbar bin ich, dass dieser Abschied noch ein guter gewesen ist. Danach sollte es für mich zum Studium nach Dresden oder Leipzig gehen. Leipzig machte das Rennen und so kam ich in den Geburtsort der deutschen Sozialdemokratie 2012.

Aber es kam 2011 noch mehr zusammen, dass mich immer mehr von der SPD entfernte, die Occupy-Proteste gegen die menschenverachtenden Auswüchse des Finanzkapitalismus, die ungehört verhallten, die SPD, die in den Jahren 2011-2013 sämtliche Europa- und Weltpolitik der deutschen Regierung, sei es die „Euro-Rettung“, „Rüstungsexporte“ und „Auslandseinsätze der Bundeswehr“, durch Abstimmung mit der Regierungskoalition mittrug. Die SPD, die obwohl in der Opposition versäumten ein wirklich mehrheitsfähiges Regierungsbündnis zu schmieden. Für RRG hat es diesen September gereicht, aber man wollte scheinbar gar nicht eine „linke Regierung“ mit Steuererhöhungen, Regulation der Finanzmärkte, ökologischen Umbau der Gesellschaft und starken Einsatz für Frieden und Solidarität in der Welt. Gerade das nahezu endgültige Anerkennen in diesen Jahren der abscheulichen und menschenverachtenden Mainstreamideologie machte mir zu schaffen. Ich war in die SPD eingetreten für die Werte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität und für das Eintreten für einen globalen Frieden und für eine Energiepolitik der ökologischen Verantwortung für unsere gemeinsame Lebensgrundlage der Erde, die durch das „Erneuerbare Energien-gesetz“ und des damit verbundenen zeitlich bestimmten Atomkraftausstieg (2001) an Fahrt aufgenommen hatte. Aber nun muss ich sehen, dass die meisten SPD-Politiker auch nur den Paradigmen der Ideologie folgen, wie Wachstum, Freihandel, Nutzung fossiler Brennträger und vor allem Rohstoffsicherung für Deutschland um jeden Preis. Aktuelle Stichworte dazu sind: Akzeptieren des Freihandelsabkommens der USA mit der EU, das ständige Betonen, dass Wachstum schon Beschäftigung bringt und Beschäftigung durch austeilende Gerechtigkeit dann schon Wohlstand für alle, die Bremsung der „Energiewende“ durchs „Weiter auf Braunkohle setzen“ und auch die weitere Subvention von sogenannten energieintensiven Betrieben. Auch die Nutzung von radioaktivem Material ohne Sicherheit wird weiter auch von der SPD getragen, zwar nicht in Deutschland, aber dafür weltweit! Außerdem wird weiter an der Mitgliedschaft in militärische Verbände, die sich nicht nur einmal, Kriegsverbrechen zu Schulden haben kommen lassen, festgehalten. Die Waffenproduktion und der Waffenexport werden auch von der nächsten Bundesregierung sogar gefördert anstatt abgebaut. Was die angeblich stärkere Kontrolle angeht, da kann ich nur lachen, da es auch um die sogenannte Rohstoffsicherung für deutsche Unternehmen geht (aus meiner Sicht die Vorstufe für einen kommenden Verteilungskrieg). Das aber gerade auch durch die Ausstattung mit massenvernichtungstauglichen Waffen und Waffensystemen neue kriegerische Auseinandersetzungen ermöglicht werden, scheint die angebliche „Friedenspartei“ nicht zu interessieren. Aber die beiden schlimmsten Fehler macht die SPD, wenn sie sich von ihrem Erbe der Kapitalismuskritik endgültig verabschiedet  und die Akkumulation von unglaublichen Geldbeträgen rund um die Welt weiter zulässt, den Zins-Druck in unserer Gesellschaft belässt und sich dem in sich geschlossenen Finanzsystem (ein völlig losgelassenes System, das mit „unserem“ Geld macht, was es will) fast bedingungslos unterwirft. Das reichste 1 % der Welt lässt die gesamte andere Welt nach ihrer Pfeife tanzen und wir akzeptieren es. Wir akzeptieren auch, dass unser „ach so“ demokratisches Regierungssystem immer mehr zu einer Herrschaft der Wenigen (Parteiführungen der großen Parteien, Wirtschaftslobbyisten an den „richtigen“ Stellen und vor allem intransparente Entscheidungsstrukturen) verkommt. 

Wir müssen uns doch nur, dass vorgeschlagene, aktuelle Kabinett der wahrscheinlich erneut wiedergewählten Bundeskanzlerin anschauen, um zu durchschauen, dass es ihr nicht um gesellschaftliche Veränderung oder inhaltlicher Qualifikation, sondern um Machtbeteiligung von führenden Parteifunktionären geht. Zum Beispiel wird der Finanzlobbyist Jörg Asmussen, der zurzeit Direktionsmitglied der Europäischen Zentralbank ist, Staatssekretär im Arbeitsministerium von Andrea Nahles, die noch Generalsekretärin der SPD. So sind die beiden Parteivorsitzenden der beiden „großen“ Parteien Sigmar Gabriel (Vizekanzler, Minister für Umwelt und Energiewende) und Angela Merkel (Kanzlerin) auch gut versorgt, außerdem die CDU-Vizevorsitzende Ursula von der Leyen (Verteidigungsministerin), die SPD-Vizevorsitzenden Manuela Schwesig (Familie) und Aydan Özoğuz (Staatsministerin für Migration). Außerdem wird auch mit Hermann Gröhe, der CDU-Generalsekretär, Gesundheitsminister, der 2013 wiedergewählte, nun aber ehemalige Generalsekretär der CSU, Dobrindt wird Verkehrsminister, und mit Barbara Hendricks, die SPD-Schatzmeisterin, Umweltministerin. Ich frage mich ernsthaft, was das soll? Geht es also in unserer repräsentativen Demokratie nur noch darum sich loyal in einer Partei zu verhalten, sich langsam an die Parteispitze zu kämpfen, um dann für 4-8 Jahre Minister_in oder Staatssekretär_in zu werden und dann eine schöne gemütliche Anschlussverwendung in der Wirtschaft zu finden oder sich vom Staat und damit durch unsere Steuergelder durchfüttern zu lassen (Stichwort: Anrecht auf Altersversorgung als Minister). Mit Frank-Walter Steinmeier (Außenminister) findet ein Ex-Minister (Kanzleramtschef unter Schröder, Außenminister von 2005-2009) nochmal Zugang zum Kabinett, um seine Altersversorgung aufzubessern, das er eigentlich gewählter Fraktionsvorsitzender der SPD ist, scheint nicht zu interessieren. Genauso wenig wie die Überführung eines Vizeministerpräsidenten des Saarlands als Wirtschaftsminister Heiko Maas in die neue Bundesregierung als Justizminister(!). Über das Hin- und Herschieben von Ministerposten zwischen vier Personen de Maiziére, von der Leyen, Altmaier und Friedrichs noch gar nicht gesprochen! Der ewige Schäuble darf auch Minister bleiben, obwohl er aus meiner Sicht in seiner Finanzpolitik allem widerstrebt, was eigentlich mal sozialdemokratische Finanzpolitik war. Aber was will man von einer Partei erwarten, die einen wie oben schon erwähnten eindeutigen Finanzmarktlobbyisten wie Jörg Asmussen gerade ins Arbeitsministerium beruft!
Ich bin in meinen Ausführungen nun schon auf meine Vergangenheit mit der Partei eingegangen, mit der ich auch viele schöne Erinnerungen und kleine und größere Erfolge verbinde (z.B. gute Weichenstellungen in der Bildungspolitik in NRW unter Hannelore Kraft und die Ablösung der Schwarz-Gelbe asozialen Landesregierung) und auf die ganz aktuelle Entwicklung. Mir ist es wichtig in dieser Erklärung, aber noch eine kleine Vision für die SPD zu entwickeln, die in Stichworten leider erfolgen muss. Bei Bedarf kann ich der SPD aber auch gerne behilflich sein, daraus ein Konzept zu entwickeln!
Es gibt 5 Hauptprobleme unserer Zeit, die wir dringend mit einer sozialdemokratischen Antwort lösen müssen:
1)      Der ökologische Kollaps, der kommen wird, zu verhindern! Wie? 100% Erneuerbare Energien, radikale Verhinderung von CO2 Emissionen, absolutes Verbot des Raubbaus, ökologische Landwirtschaft und Schutz unserer Biodiversität!
2)      Hunger und Armut abschaffen! Wie? Weltweite Individuelle Grundsicherung (Öffentliche Daseinsfürsorge: Essen, Trinken, Wohnraum, Bildung, Gesundheit und Mobilität) kostenlos für jeden, wir haben die nötigen Ressourcen, dass für jeden zu schaffen und es würde eine Befreiung der Menschen von unnötigen Zwängen bedeuten.
3)      Finanz- und Wirtschaftssystem verändern! Wie? Solidarische Ökonomie – Netzwerk unterstützen und aufbauen, Gemeinwohlorientierte Ökonomie als Leitbegriff, Finanzmarktinstitutionen gesund schrumpfen, Höhere Besteuerung von „Spitzeneinkommen“, Maximal (z.B. 12x so viel)- und Mindestlohn (mind. 10€ pro Stunde), kein Zinsdruck mehr zulassen, Verbot von Lebensmittelspekulation, gerechte Grund- und Bodenbesteuerung usw.
4)      Demokratie revolutionieren! Wie? Mehr Diversität/Differenzierung zulassen (Warum nur ein „staatliches Parlament“ bzw. zwei Gesetzgebungskammern?); Mischung aus basis-, direkt-, und repräsentativer Elemente; für Unternehmen auch das Modell der Soziokratie ausprobieren, vielleicht klappt es auch globaler Ebene; Parteien auf Interessenvertretung zurückstufen; stärkere zivilgesellschaftliche Verwaltung, z.B. der Weltweiten Individuellen Grundsicherung
5)      Religiöse und ethnische Konflikte verhindern! Wie? Das Setzen auf Nationalstaaten ist nicht der Weg; wir brauchen in Europa zum Beispiel keine nationalstaatliche Verwaltung in der EU (Stichwort: Freizügigkeit, Wahlrecht für EU-Bürger überall), sondern regionale Verwaltung (Stichwort: Europa der Regionen); Den Trialog der monotheistischen Religionen fördern („Es braucht ein runden Tisch der Religionen“); den Konflikt Israel-Palästina beenden
Ich bin sehr zuversichtlich, wenn die SPD sich von der Mainstreamideologie löst, die nur will, dass es zum Beispiel „uns Deutschen“ in unserer Lebensspanne gut gehen soll, koste es überall was es wolle, dann wird sie auch wieder die Exkludierten unserer Gesellschaft bündeln und eine andere Politik möglich machen. Wobei ich sagen muss, dass der Zug für die Marke „SPD“, in unserer Konsumgesellschaft schon abgefahren zu sein scheint! Sie wird nur noch als „billige Kopie“ der CDU/CSU wahrgenommen.  Sie kann auch nur noch um die Mainstream-Personen kämpfen und die sind mit CDU/CSU zum Beispiel in Deutschland sehr zufrieden (42% letzte Bundestagswahl) und wählen deswegen lieber das „Original“. Ich könnte noch so viel schreiben, aber ich muss hier leider ein Punkt machen und hoffe, dass die SPD den Weg zu ihren Wurzeln findet! Dann bin ich auch bereit mich wieder für sie zu engagieren!
Mit diesem Text verabschiede ich mich also aus der SPD, aber nicht von den Idealen der Sozialdemokratie. Um es mit den großen Willy Brandt zu sagen: „Es hat keinen Sinn eine Mehrheit für die Sozialdemokraten [beigefügt: für die SPD] zu erringen, wenn der Preis dafür ist, kein Sozialdemokrat mehr zu sein.“
„Unser“ Kampf geht weiter! => Eine andere Welt ist und bleibt möglich!

Freitag, 29. November 2013

Warum „Wohlstand für alle“ eine bekloppte Forderung ist?

Wir brauchen nicht Wohlstand, sondern Lebensqualität für alle.

Was ist Lebensqualität?
Lebensqualität ist genug essen zu haben, ein Dach über den Kopf zu haben, Zugang zu Bildung, Gesundheit, Mobilität  und Strom und vor allem eine Akzeptanz meines Daseins als Mensch auf dieser Erde.
Ist irgendeines dieser Aspekte durch Wohlstand für alle abgesichert?
Ich sage Nein, da Wohlstand für alle heißt: Dass die Geldmenge zum Erlangen dieser Aspekte immer weiter steigen muss, da es immer mehr Menschen gibt, die Preise für Nahrung, Mieten, Strom steigen, genauso wie die Bildungsausgaben, Gesundheitsausgaben und Mobilitätsausgaben immer höher werden.

Wie steigere ich eine Geldmenge?
Zum Beispiel durch den Zins und den Zinseszins, durch Vergabe von Kredite, durch einfaches Gelddrucken und vor allem natürlich durch eine Produktionssteigerung des jeweiligen Jahres zum Vorjahr.

Kann diese Entwicklung ewig weitergehen?
Nein, da wir auf einer endlichen Welt leben und viele unserer Ressourcen, die zurzeit noch für die jährliche Produktionssteigerung sorgen, in naher und etwas fernerer Zukunft ausgeschöpft sein werden und wir unsere Produktionssteigerung sehr davon abhängig gemacht haben. Vielleicht dauert dieser Prozess noch 50, 100, 200 oder gar 300 Jahre, aber spätestens dann wird unsere Menschheit sich in einer Kollaps Situation (z.B. eines globalen Verteilungskrieges eines „jeden gegen jeden“) befinden und bis dahin werden die derzeitige Entwicklungen weitergehen, unter den Menschen heute schon leiden und sterben.

Was sind das für Entwicklungen?
1. „Ressourcensicherung“ der sogenannten Industrieländer gegenüber allen anderen Ländern
2. „Ausbeutung von Ressourcen unter menschenopfernden Bedingungen“ (Kohleabbau in China / Südamerika ; Uranabbau (Südafrika, Tansania) usw.)
3. .„Akkumulation von Ressourcen“ (Geldmenge der Millionäre und Milliardäre wird weiter steigen, denn der Zins will es so; Kauf von Wassernutzungsrechte (z.B. Nestle); Riesige multinationale Energiekonzerne (Stromproduktion und Vertrieb).
4.„Kriege/gewaltsame Auseinandersetzungen um Ressourcen“ (z.B. Öl (Bsp. Irak-Krieg ), Kohle (Bergarbeiter Südafrika), Gas (Bsp. Libyen, Syrien, Russland).

Was können wir tun?
1) Unser Geldsystem reformieren! (Zins abschaffen!) / Das heutige Finanzsystem reformieren!!
2) Unser Ökosystem retten! (Dezentraler Ausbau der erneuerbaren Energien! / Raubbau an der Natur verbieten! / Emissionen gewaltig verringern usw.)
3) Ein solidarisches Sicherungssystem der Grundbedürfnisse (Essen + Trinken, sicheres Wohnen, Zugang zu Mobilität, Bildungs-, Gesundheits- und Energieversorgung) errichten! (Weltweit!!!)
4) Fiktionen abbauen bzw. Konstrukte, die uns eine Realität vorgaukeln wollen, wie z.B. es braucht Nationen (Völker), die in Konkurrenz zu einander stehen; es braucht ein absolut freien Markt (Neoliberalismus), der schon für die richtige Entwicklung der Welt sorgt;  oder auch es braucht „homogene Mehrheitsgesellschaften“ in staatlichen Gebilden, die Minderheiten benötigen, um sich zu definieren!
5) Eine neue Identität schaffen, die eines gleichberechtigten Mensch und Weltbürgers, die eine Teilhabe an politischen, wirtschaftlichen und sozialen Prozessen zulässt. 

Dienstag, 26. November 2013

Asylsituation in Schönefeld

Ein Abend in Schönefeld / Leipzig (Sachsen / Bundesrepublik Deutschland) 2013

Ein normaler Novembertag war der 25. November 2013 bis zum Abend gewesen. Es war kalt, aber noch schneefrei. Ich machte mich aber auf, um mit einem guten Kumpel mich durch eine Infoveranstaltung der Stadt Leipzig im Stadtbezirk Schönefeld über eine zeitlich-begrenzte Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende in einem leerstehenden Schulgebäude informieren zu lassen. Ich muss dazu sagen, dass ich weder im Stadtbezirk Schönefeld aufgewachsener noch nun ein Bewohner dieses Stadtbezirkes bin. Ich war aus Interesse gekommen zu hören mit welchen Argumenten Elternvertreter und Anwohner sich so energisch und emotional gegen diese Notunterkunft (Not= da sonst vor dem Winter es kein anderen geeigneten Unterbringungsort gibt) stellen. Ich war sehr erstaunt als ich die „Mahnwache“ (Ja wirklich genau dieser Terminus wurde gebraucht) von Aktivisten der rechtsextremen Partei „NPD“ h, die um 18:00 (also 1 ½h vor der geplanten Infoveranstaltung) vor dem Pfarrhaus der Matthäus-Gemeinde Schönefeld, in deren Kirche die Veranstaltung stattfand, sah. Zwei Spruchbänder zeigten die maximal 25 Aktivisten den gegenüberliegend positionierten Polizisten, die auch beide Seiten absperrten. Der eine lautete: „Bürgerwillen bricht Asylrecht“ und der andere war ein typisches NPD-Transparent (das ich mir nicht genauer angeguckt habe). Ich will einige Worte zu dem ersten Plakat niederschreiben, bevor ich weiter über die Ereignisse. Der Slogan fasst sehr gut zusammen, was die NPD nicht versteht und was sie nicht wahrhaben will. Das deutsche Volk hat aus dem Zweiten Weltkrieg die Lehren gezogen und haben ein Grundgesetz akzeptiert, das politisch Verfolgten Asyl garantiert (vgl. Art 16a Grundgesetz: „(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“) Demnach ist eine Äußerung, dass der Willen von Staatsbürgern der Bundesrepublik Deutschland das Asylrecht brechen könnte, kompletter Quatsch. Außerdem ist die BRD Unterzeichner der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) 1951 und damit auch verpflichtet nach deren Kriterien Asylsuchenden aufzunehmen. Im Übrigen passiert dass in Deutschland sehr, sehr selten, denn nach Art 16a werden nur 2% und nach GFK-Kriterien 14% Asylsuchende angenommen. Das bedeutet, dass 84% aller Asylsuchenden wieder abgeschoben werden oder einen Duldungsstatus erhalten, das heißt, dass bei ihnen keine Rückkehr möglich ist und sie für einen temporären Zeitrahmen in Deutschland bleiben dürfen. Aber zurück zum Abend: Nachdem mein Kumpel und ich uns die „Mahnwache“ der NPD angeschaut hatten, zog es uns sehr zu den „Pro-Asyl“-Lager mit denen wir versuchten rund um die Kirche näher an die NPD-Kundgebung ranzukommen, dass gelang uns nicht, sodass wir vor dem späteren Eingang zur Infoveranstaltung ausharrten. Geschlagene 45min blieben wir in der Kälte stehen, bis wieder etwas passierte. Die „besorgten“ Eltern hatten einen „friedlichen“ Zug mit Kerzen und Fackeln zur Kirche organisiert und zogen auch an uns vorbei. Aus den Mündern flogen Schlagworte wie „Kinderschutz vor Asylrecht“ und „Wir sind keine Nazis“ auf der einen Seite und auf der anderen: „Deutschland ist scheiße, ihr seid die Beweise“, „Wer mit der NPD marschiert, ist ein Nazi“, aber auch inhaltliche Sprüche wie „say it loud, say it clear – refugees are welcome here!“. Nach dem nun auch „normale Bürger“, die weder dem Pro-Asylanten-Lager, dem absolut Kontra-Asylunterkunft-in-Schönefeld-Lager und dem NPD-Lager zuzuordnen sind, anwesend waren, ging es durch eine Sicherheitsüberprüfung in die Kirche, nachdem sich das Pro-Asyl-Lager und die Bürgerinnen und Bürger Schönefelds kam dass inzwischen vermischte Lager aus Kontra-Asylunterkunft-Lager zusammen mit NPD-Aktivisten die Mehrheit der Sitze in der Kirche besetzte. Das wurde schon nach wenigen Minuten deutlich, als der Sozialbürgermeister Fabian (SPD) in seinem wichtigen Eröffnungsstatement gnadenlos ausgebuht und beschimpft wurde („Lügner“ war ein Schlachtruf der mindestens 3x in rhythmischen Wiederholungen ihm entgegen gebrüllt wurde). Auch die anderen Experten und Bürgervertreter, die sich nicht klar gegen die Asylunterkunft stellten, wurden bewusst ausgebuht und beschimpft. Wenn aber das Schlagwort „Angst unserer Kinder“ kam, wurde gejohlt und lautstark geklatscht. Die NPD-Aktivisten müssen sich vor Freude innerlich ins Fäustchen gelacht haben, wie ihre Massensuggestion so gut funktioniert. Mir war es bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht passiert, dass ich so etwas erlebt habe, wie 200 Menschen sich so auf eine Sache eingeschossen haben. Asylsuchende in der Nähe einer Schule führt zu Angst bei Kindern, Gewalt und Problemen. Es wurde zwar auch vielfach funktioniert das Gespräch durch technische Nachfragen und vor allem durch positive Fragen: „Wie können wir den Menschen helfen? Braucht es noch irgendwelches Material? Kleidung usw.? wieder auf ein sachliches Niveau zu bringen. Aber sogenannte Eltern von betroffenen Kinder spielten sich lieber auf, dass sie nicht gefragt worden sein, dass der Bürgermeister keine Ahnung hätte, dass sie das Volk seien und dass Asylsuchende und die Unterkunft nur Angst erzeugen würde. Mir fiel mehrmals auf, dass die Elternvertreter die am lautesten riefen und beleidigende Zwischenrufe machten, die waren, die danach behaupteten 7-8jährige Kinder zu haben. Ich frage mich ganz ehrlich: Wo waren die Kinder, um die es angeblich geht, an diesem Abend? Was sind das für Werte, die ich Kinder übermittele, wenn ich in einer Kirche Menschen beleidige, ausbuhe, nicht ausreden und nicht zuhören lasse? Was nützt es der Gesellschaft zu behaupten, man würde Kinder zur Selbstständigkeit erziehen, aber selber sich von NPD-Aktivisten so instrumentalisieren zu lassen?
Wie gesagt es gab auch sachliche Fragen, auf die die eingeladenen Experten genauso wie auf die provokantesten oder gebrüllten Zwischenrufe sehr ruhig und besonnen antworteten. Meinen größten Respekt gewann an diesem Abend der Sozialbürgermeister Fabian, der wie oben schon beschrieben, sehr viel einstecken musste.
Mehrere Anmerkungen will ich noch machen:
1) Eine Idee kam mir in den Sinn, ob ich mich nicht aus Solidarität einfach mit einquartieren lassen sollte. Ich will wirklich mal erleben, was es bedeutet in einer solchen Gemeinschaftsunterkunft zu leben und drum herum werden aus meiner Sicht unbegründete Ängste geschürt und eigene Konflikte der Eltern auf den Rücken der Kinder ausgetragen? Z.B. Abmeldung aus einer Schule, in der man 1, 2 oder 3 Jahre schon mit anderen Kindern gelernt hat.
2) Werden Sozialausgaben, wie z.B. für marode Schulen, wie die Nachbarschule von der Notunterkunft für die Asylanten, immer gegen Ausgaben für Asylsuchende ausgespielt. Ich sage euch falls ihr eine bessere gesellschaftlichen Prozess in Gang bringen wollt, der zur Renovierung von Schulen führt und zu einer besseren Sozialinfrastruktur, dann müsst ihr schlicht und einfach die Parteien in den Bundestag bzw. an die Regierung wählen, die ein konkretes Finanzierungskonzept haben, genau für diesen Bereich haben Grüne, Linke und SPD die sogenannte Reichensteuer und die Erhöhung des Spitzensteuersatzes gefordert.
3) Verdirbt die Frage der Geldverteilung nach wie vor die Gesellschaft und sie wird auch unsere moderne Gesellschaft zerstören. Es ist nur eine Frage der Zeit, wie lange wir umfassende Verteilungs-Kriege noch in die Zukunft schieben können!
4) Bin ich froh, dass mein Kumpel (ein in Schönefeld aufgewachsener) sich nach der Infoveranstaltung bewusst geworden ist, dass eine Positionierung Not tut und dass er sich wörtlich „geschämt hat ein Schönefelder zu sein“.
5) Wie stark nationale und ultranationale Gefühle noch in den Köpfen vieler Menschen in Deutschland sind, war mir schon letzte Woche (26.11.) bei der ersten Kundgebung (300 Kontra-Asyl, 500 Pro-Asyl), aber wie sehr sich anti-solidarische, anti-staatliche und anti-tolerante Einstellungen in der Bevölkerung finden lassen, wurde mir erst heute klar. Ich bin erschreckt und war in nicht wenigen Minuten kurz vorm innerlichen Kollaps! Zum Glück beruhigten mich meine beiden Banknachbarn, sodass ich nicht meinen Kopf verlieren musste.

6) Das Plädoyer der Gemeindepädagogin an die Eltern, die sich in diesem Moment so vehement für ihre Kinder einsetzen, doch ihre Energie dazu zu nutzen, die Gewalt abzubauen, anstatt durch Schüren von Ängste neue Gewaltpotentiale zu schaffen, beeindruckte mich sehr!
7) Unglaublich fand ich auch wie die beiden Pfarrer der Gemeinde noch in ihrem Schlusswort nicht die emotional aufgeladene, menschenunwürdige bzw. sogar menschenverletzende Stimmung geißelten, sondern positiv die bekommenden Informationen bewerteten, den standhaften Experten dankten und mit einem Appel für eine gemeinsame Bewegung für den Stadtbezirk Schönefeld mit den Asylanten und nicht gegen sie endeten.

Alle Angaben in diesen Artikel sind vom Autor geprüft worden und alle Zitate gekennzeichnet worden. Insgesamt versuchte dieser Artikel, obwohl der Autor sehr emotional aufgewühlt ist, möglichst objektiv den Abend zu beschreiben und die Leserinnen und Leser in einer Meinungsbildung zu unterstützen, sie ihnen aber nicht aufzudrücken.

Ps: Dem Autor liegt eine über 90minütige Aufnahme des Abends vor, die er bei Bedarf auch weitergeben wird, da er sie selbst erstellt hat!

Sonntag, 28. Juli 2013

Eine Auseinandersetzung mit dem Begriff der Nation

Liebe Zeitgenossinnen und Zeitgenossen!


Damit hier bloß keine falschen Assoziationen aufkommen -> Ich bin gegen das Denken in „Nationalen“ Grenzen und gegen das Denken, dass wir uns als ein „Volk der Deutschen“ verstehen müssen. Ich finde es einfach falsch, Menschen durch ihre Geburt schon zu selektieren. Es ist eine unterschwellige Selektion, aber es ist eine Selektion und deswegen eine Selektion gegen die ich mich ganz eindeutig wehren werde.

Der große Martin Luther King sprach diesen Gedanken schon zum Teil aus, als er am 28. August 1963 in Washington D.C. eine bemerkenswerte Rede hielt:

»Ich habe einen Traum, dass sich eines Tages diese Nation erheben wird und die wahre Bedeutung ihrer Überzeugung ausleben wird: Wir halten diese Wahrheit für selbstverständlich: Alle Menschen sind gleich erschaffen.

Ich habe einen Traum, dass eines Tages auf den roten Hügeln von Georgia die Söhne früherer Sklaven und die Söhne früherer Sklavenhalter miteinander am Tisch der Brüderlichkeit sitzen können.

Ich habe einen Traum, dass eines Tages selbst der Staat Mississippi, ein Staat, der in der Hitze der Ungerechtigkeit und in der Hitze der Unterdrückung verschmachtet, in eine Oase der Freiheit und Gerechtigkeit verwandelt wird.

Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der man sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilt.

Ich habe heute einen Traum!«

Martin Luther King spricht in dieser Rede natürlich vor allem die angeblichen „Nation der US-Amerikaner“ an und bleibt damit in einem von menschen-gemachten Raum. Auch wenn er „Alle Menschen sind gleich erschaffen“ sagt, geht es ihm vor allem um die Verbesserung der Situation in den USA. Ich mache ihm das nicht zu einem Vorwurf. Ich will nur, dass ihr meinen Punkt, den ich daran anschließen möchte, versteht, denn auch ich kann mich nicht komplett frei machen von meiner sogenannten „nationalen Herkunft“:

Leider Gottes, bin ich auch ich hier auf „deutschem Staatsgebiet“ geboren und habe Eltern und Großeltern, die auch auf „deutschem“ Staatsgebiet geboren sind, wobei meine Großmutter, wenn sie heute geboren wäre, als „polnische Staatsbürgerin“ aufwachsen würde. Alleine aus diesem Beispiel zeigt sich aus meiner Sicht die willkürliche Zusammensetzung einer Nation, wenn man nur von einer Gebietsnation spricht.  Aber auch die weiteren Nationenbegriffe sind für mich fast ausnahmslos als schlecht zu bewerten. Die angebliche Kulturnation, die bestimmte Werte mit Sprache verbinden, ist genauso falsch. Es ist zwar eine menschliche Eigenart dies zu tun, aber damit noch keine richtige. Auch die Geschichtsnation sehe ich schwierig, denn wieso soll ich mich als einer der in seiner Familienhistorie mehrere Missionare hatte, die sich ihrem Land und den dort lebenden Menschen, in das sie geschickt wurde, am Ende so verbunden fühlte, dass sie auch daran zerbrochen sind, dass sie das Land aufgrund von Krankheit und einer Verletzung verlassen bzw. nicht wieder hinreisen konnten, mich mehr mit der Geschichte irgendwelcher „Deutscher“ verbunden fühlen, die in Garmisch-Patenkirchen in Bayern um die Jahrhundertwende 19/20.Jahrhundert als Bauern gelebt haben und mit meiner persönlichen Familienhistorie nie in Verbindung gekommen sind. Ich will damit auf keinen Fall die persönlichen Verwicklungen meiner „Vorfahren“ z.B. mit der Ideologie des Nationalsozialismus gut reden. Mein Großvater war begeisterter „Jungvolk“ (Nazi-Organisation von 10-14 Jahre)-Führer und wollte noch kurz vor Kriegsende als gerade einmal 16jähriger Jugendlicher noch in die Waffen-SS eintreten. Zum Glück kam es nicht mehr zu seiner Einberufung im Mai 1945, da er sich da schon als Mitglied des Reichsarbeitsdiensts in „britischer“ Gefangenschaft befunden hat. Ich für meinen Teil bin froh, dass ihm und uns diese Einberufung vermieden wurde. Ich danke deswegen auch allen Soldaten aus allen Ecken und Enden der Welt, die das „Volk der Deutschen“ was sich so vor der Welt abgeschottet und sich über alle anderen gestellt hatte, in diesem grausamsten Krieg  aller Zeiten besiegt haben.

Ich für mein Teil fühle mich dort mit der Geschichte einer menschlichen Gruppe verbunden, wenn ich eine persönliche Beziehung zu dieser habe, z.B.

- zu den Bewohner des kleinen Örtchen Elim in Südafrika, da ich da 1 Jahr gelebt und gearbeitet habe,

- zu den Bewohnern des kleinen Örtchen Königsfeld im Schwarzwald, weil dort meine Großeltern jahrzehntelang gelebt und gearbeitet haben und wir nach wie vor jährlich an Ostern die inzwischen verwitwete Großmutter besuchen,

- den Bewohner der Stadt Hamm, da ich dort 19 Jahre meines Lebens gelebt habe,

- den Bewohner der wunderschönen Stadt Krakau in Polen, da ich dort einen der schönsten gemeinsamen Urlaube mit meinen Eltern verbracht habe, der mich aber auch an den Ort der größten Unmenschlichkeit: Auschwitz geführt hat, der mir gerade als noch Junge im Teenie-Alter die Wichtigkeit eines Einsatzes für alle Menschen vor Augen geführt hat,

- den Fußballspielern in Deutschland, da ich selber 9 Jahre lang Fußball in Vereinen in Deutschland gespielt habe,

- zu allen Menschen in Südafrika und Tansania, da dort meine Vorfahren gewirkt, gelebt und gearbeitet haben

- den Rugbyspielern und Vereine in Südafrika, da ich dort diesen Sport kennen und lieben gelernt habe,

- der Handballnationalmannschaft, da der Traum meines Vaters es gewesen war, Handball professionell zu spielen, dann aber leider sein Wachstum aufgehört hat,

- trotz allen persönlichen Problemen zu den Mitgliedern der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und aller anderen sozialdemokratischen Parteien in der Welt, da ich selber als 14jähriger in diese Partei in Deutschland eingetreten bin und es nach wie vor meine erste politische Heimat ist,

- allen Mitgliedern der weltweiten kirchlichen Gemeinschaft, die sich den Namen „Unitas Fratrum“ (Brüder-Unität) gegeben hat, da meine familiären Wurzeln bis zur Gründung der erneuerten Brüder-Unität in Herrnhut (Sachsen) im 18.Jahrhundert zurückreichen und deswegen eine familiäre Linie immer Mitglied dieser Kirche war und ist und es daher auch zu meiner geistige Heimat geworden ist,

- zu allen Christen in jedem Land dieser Welt, da ich mich selbst als Christ verstehe, getauft und konfirmiert wurde und ich mich in der christlichen Arbeit engagiere,

- und nicht zuletzt muss ich mich der Geschichte des Staates Deutschland verbunden fühlen, da ich selber (Stand: 28.07.2013) „deutscher“ Staatsbürger bin und damit nach außen, wie nach innen für jeden ersichtlich an meinem Pass diesem Staat angehöre, mit allen Rechten und Pflichten, mit allen Privilegien und Zwänge und natürlich auch mit der Geschichte dieses Staates.

Aber wie man an meiner Auflistung sehen kann, die ich noch um einige Punkte länger machen könnte, zeigt sich das ich nach der Definition der Nation als Personengruppe mit gemeinsamer Geschichte, ich mich nicht nur einer Nation „Deutschland“ zugehörig fühlen müsste und will, sondern allen Nationen, in denen Christen leben, besonders dann auch zu den Nationen, in denen Mitglieder meiner geistigen Heimat (Brüder-Unität), meiner politischen Heimat (Sozialdemokratische Partei) und meiner persönlichen Heimat (Familiengeschichte und persönlichen Erlebnisse) leben. Damit habe ich glaube ich schon eine Menge Nationen abgedeckt und dazu kommen noch die Nationen, denen der „deutsche Staat“ Schaden zugefügt hat, da das aus meiner Sicht ein Ausdruck der gemeinsamen Veranwortungsübernahme „deutscher“ Staatsbürger zeigt.

Gerade an diesem Punkt will ich zum Ausdruck bringen, warum ich Staatsbürgernationen per se nicht ablehne, wenn sie nicht auf irgendeinem komischen willkürlich ausgewählten Grund wie Hautfarbe, Sprache, gemeinsamer Geschichte, gemeinsamer Kultur, gemeinsamer Tradition usw. beruhen. Es liegt daran, dass wenn jeder Mensch sich nach Studien der Umwelten für eine Nation entscheidet, die ihm/ihr ein Kontakthalten mit der Familie und der Sippe, die ihm/ihr Freundinnen und Freunde ermöglicht und die ihm/ihr einen Lebenspartner oder Lebenspartnerin ermöglicht, fände ich es gut, wenn er dann in dieser Nation leben könnte. Außerdem wenn diese Nation und ihr leider oftmals auch willkürliches Staatsgebiet, die aus seiner oder ihrer Sicht die schönste Natur, die seiner politischen Überzeugung am ehesten entsprechenden Werte und/oder ihm/ihr einen sicheren Arbeitsplatz bietet. Das sind nur einige der Beweggründe von Menschen ihre geographischen Herkunftsorte zu verlassen und anderswo neu zu beginnen. Wir tun nur leider in einer doch eigentlich so globalisierten Welt so, als ob wir diesen dynamischen Prozess regulieren oder gar verhindern könnten. Für ein Stopp dieser Entwicklung müsste man alle technischen Errungenschaften zerstören. Vom Auto bis zum Flugzeug, vom Telefon bis zum PC usw.. Das will keiner! Aber dennoch geben wir uns in unserem unmenschlichen Wirtschaftssystem der Illusion hin, dass wir zunächst an unsere Nation denken müssten anstatt an alle. Ich halte dieses Denken für sehr, sehr gefährlich und es beginnt leider schon mit den ganzen „nationalen“ Klischees, die ein jeder/ eine jede von uns in seinem/ihren Kopf mit sich trägt  Gefährlich werden diese Klischess ab dem Zeitpunkt, wo wir sie für eine eigene Argumentation missbrauchen und wo wir sie für politische Ziele nutzen. 

Ich mache nun einen kleinen Sprung zu einem Theologen und Philosophen, der mir bestimmt in manchen sehr entschieden widersprochen hätte, obwohl er auch seinen geographischen Herkunftsort und da wird es nun wieder bemerkenswert schwierig den schon einzuordnen. Zur Zeit seiner Geburt war Starzeddel ein Landkreis (Guben) in der brandenburgischen Niederlausitz und damit dem Deutschen Reich zugehörig. Heute ist dieser Landkreis in einen „polnischen“ und „deutschen“ Teil gespalten. Der Geburtsort würde heute im polnischen zu finden sein, aber zu seiner Zeit war er deutsch!
Ich möchte über einen weiteren Gedanken von Paul Tillich sprechen, den ich wenn auch christlich-theologisch konnotiert, für sehr gut geeignet halte, eine anderen Zugang zu einander zu fühlen, als unüberwindbare Grenzen zu bauen, die wirklich erst fremdes entstehen lassen. Aber kein Mensch soll und darf dir fremd werden, da wir immer einen gemeinsamen Ursprung und einen gemeinsames Ziel haben. Paul Tillich zeigt das Spannungsfeld zwischen Verneinung einer Zusammengehörigkeit und des Strebens nach Wiedervereinigung des gegenseitig fremden:

„Ohne eine letzte Zusammengehörigkeit läßt sich keine Vereinigung eines Seienden mit einem anderen Seienden denken. Das einander absolut Fremde kann keine Gemeinschaft eingehen. Wohl aber strebt nach Wiedervereinigung, was sich gegenseitig fremd geworden ist. In der liebenden Freude über den Anderen ist auch die Freude über die eigene Seinserfüllung durch den Anderen gegenwärtig. Was mir aber absolut fremd ist, kann nicht zu meiner Seinserfüllung beitragen; es kann mich nur zerstören, wenn es in den Kreis meines Daseins eindringt. Darum kann die Liebe nicht als die Vereinigung des sich Fremden betrachtet werden, sondern nur als die Wiedervereinigung des Entfremdeten. Entfremdung setzt ursprüngliches Einssein voraus.“

Die Vorstellung des ursprünglichen Einssein der Menschen muss mit dem wieder zueinander finden aller Menschen verbunden werden und dafür braucht es nach Tillich und ich gehe mit ihm da sehr gerne mit, nicht nur Liebe, sondern auch Macht und Gerechtigkeit. Denn „machtlose Liebe“ bewirkt nichts, und „lieblose Macht“ bewirkt nichts gutes! Der wichtige Aspekt finden wir aber in der Gerechtigkeit und dort stellt uns Paul Tillich drei Daseinsformen der Gerechtigkeit vor, von denen vor allem die dritte gerne vergessen wird:

1. Die Ansprüche aller Menschen an Güter und Versorgung erkennen -> Chancengerechtigkeit

2. Eine zumessende Gerechtigkeit, die sich in einer austeilenden Gerechtigkeit (Bsp. Bestimmten Lohn für bestimmte Arbeit in einem bestimmten Zeitraum) und ausgleichender Gerechtigkeit (Bsp. Progressive Besteuerung höherer Einkommen) seinen Ausdruck findet.

3. Schöpferische Gerechtigkeit mit ihren drei Daseinsformen: Zuhören, Schenken und Vergeben. Gerade die letzte wird häufig vergessen, aber gerade diese kann im Zusammenspiel mit den beiden anderen, wie wir es z.B. an der Arbeit der Wahrheits- und Versöhnungskommission in Südafrika sehen konnten, ein erneutes Blutvergießen verhindern und damit einen Beitrag zu einem friedlichen Wandel leisten.

Ich träume daher von einer Welt, in der wir jedem Mensch seine individuelle Verbundenheit mit einer geistigen, einer politischen und einer persönlichen Heimat zubilligen, aber diese nicht als Antithesen nebeneinander betrachten, sondern die Synthesen immer wieder versuchen.

-> Das Element des Zuhörens drückt sich dann darin aus, dass man einen Dialog mit anderen Menschen, die anderen Heimaten haben, nicht ablehnt.

-> Das Element des Schenken drückt sich darin aus, dass man sich beschenken lassen kann, durch verschiedene Impulse, dass man selbst schenkt, in dem man Impulse gibt und das man versucht dieses Geben und Nehmen zu sehr in eine Seite zu lenken.

-> Das Element des Vergebens drückt sich darin aus, dass man auch wenn man sich durch seine unterschiedlichen Herangehensweisen, Meinungen, Handlungen usw. in die Haare bekommen hat, den anderen nicht sein Menschsein, seine Identität und vor allem nicht seine Heimaten in Frage stellt, denn das führt nur zu einer stetigen Entfremdung, die schwer wieder zueinander finden wird.

Zum Abschluss dieser Rede will ich noch Jakob Augstein zitieren, der in einer aus meiner Sicht sehr bemerkenswerten Kolummne unter dem Titel: „Die Jesus-Alternative“ folgende Sätze aufgeschrieben hat:
In der Krise wird deutlich, dass Kapitalismus und Neoliberalismus keine Hoffnung bereithalten. Es sind dystopische Ideologien. Im säkularen Zeitalter wäre es die Aufgabe der Politik, ihnen mit der Kraft der Utopie zu begegnen. Aber die Politik versagt."
und der Schlusssatz lautete: "Nur das Radikale ist realistisch.

Also lasst uns mit der radikalen Idee der Einheit alles Leben auch dem nationalen Gehabe unserer Regierenden entgegentreten und uns zu Diener unseres Sein-Selbst machen. Im Bewusstsein dieses Gedanken der Einheit alles Lebens können wir den Weg bahnen zu einer Versöhnung aller Menschen und damit zur wirklichen radikalen Veränderung unserer doch so schönen Welt mit diesen vielen tollen Menschen und kreativen Dingen.

 „Nicht im Reden, nicht im Denken, sehe ich seine Größe, nur im Tun, im Leben“ (Hermann Hesse)

Ich schließe mit den herzlichsten Wünschen an einen jeden / an eine jede von euch!
Euer Visionär92

Ps: Wer Rechtschreibfehler oder sonstige sprachliche Fehler findet, kann gerne die Korrektur in einem Kommentar anmahnen.

Sonntag, 2. Juni 2013

Nachdenkliches zum Sonntag: Schöpferische Gerechtigkeit

Schöpferische Gerechtigkeit –
 Ein frommer Wunsch oder konkrete politische Handlungsmaxime?

Ich habe mich bis vor einigen Wochen oft gefragt, wie man diese Welt ändern könne?
Die einen wollen vollkommene ausgleichende Gerechtigkeit durch die hohe Besteuerung von höheren Einkommen, die anderen wollen, dass die Zuteilende Gerechtigkeit die einzige Maxime im Wirtschaftsleben bleibt. Zuteilende Gerechtigkeit ist mit der Lohnverteilung hier gleichzusetzen. Doch beides fasst zu kurz, da sie zwei Gerechtigkeitsformen unter den Tisch fallen lassen:
1) Das jeder Mensch von Geburt an Ansprüche auf eine ausreichende Güterversorgung hat, damit er/sie den nächsten Tag erleben kann und
2) Die Schöpferische Gerechtigkeit, die neben diesen Ansprüchen und den dynamischen Prozessen eine menschliche Perspektive mit hinein bringt! Es findet sich schon in der Bibel ein Gleichnis, dass genau dies zum Ausdruck bringt.


Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, Matthäus 20, 1-16:
(nach der Übertragung der „Hoffnung für alle“ – Bibel / Markierte Stelle durch Redaktion):

1 »Mit der neuen Welt Gottes ist es wie mit einem Weinbauern, der frühmorgens Arbeiter für seinen Weinberg anwarb.
2 Er einigte sich mit ihnen auf den üblichen Tageslohn (Anmerkung: „einen Silbergroschen“ / Luther-Übersetzung oder „von einem Silberstück“/Gute Nachricht) oder „auf einen Denar für den Tag“) und ließ sie in seinem Weinberg arbeiten
3 Ein paar Stunden später ging er noch einmal über den Marktplatz und sah dort Leute herumstehen, die arbeitslos waren.
4 Auch diese schickte er in seinen Weinberg und versprach ihnen einen angemessenen Lohn.
5 Zur Mittagszeit und gegen drei Uhr nachmittags stellte er noch mehr Arbeiter ein. 
6 Als er um fünf Uhr in die Stadt kam, sah er wieder ein paar Leute untätig herumstehen. Er fragte sie: „Warum habt ihr heute nicht gearbeitet?“
7 „Uns wollte niemand haben“, antworteten sie. „Geht doch und helft auch noch in meinem Weinberg mit!“, forderte er sie auf. 
8 Am Abend beauftragte er seinen Verwalter: „Ruf die Leute zusammen, und zahl ihnen den Lohn aus! Fang beim Letzten an, und hör beim Ersten auf!“ 
9 Zuerst kamen also die zuletzt Eingestellten, und jeder von ihnen bekam den vollen Tageslohn. 
10 Jetzt meinten die anderen Arbeiter, sie würden mehr bekommen. Aber sie erhielten alle nur den vereinbarten Tageslohn. 
11 Da beschwerten sie sich beim Weinbauern: 
12 „Diese Leute haben nur eine Stunde gearbeitet, und du zahlst ihnen dasselbe wie uns. Dabei haben wir uns den ganzen Tag in der brennenden Sonne abgerackert!“ 
13 „Mein Freund“, entgegnete der Weinbauer einem von ihnen, „dir geschieht doch kein Unrecht! Haben wir uns nicht auf diesen Betrag geeinigt? 
14 Nimm dein Geld und geh! Ich will den anderen genauso viel zahlen wie dir. 
15 Schließlich darf ich doch wohl mit meinem Geld machen, was ich will! Oder ärgerst du dich, weil ich großzügig bin?
16 Ebenso werden die Letzten einmal die Ersten sein, und die Ersten die Letzten“«

Euch ist sicherlich aufgefallen, dass ich im Vers 2 neben der Übertragung des Bibeltextes aus der „Hoffnung für Alle“-Bibel auch andere Übertragungen und die Luther-Übersetzung von Luther (in der revidierten Fassung von 1984) mit dazu geschrieben habe. Das hat einen bestimmten Grund für die sozialgeschichtliche Auslegung und auch um Jesus radikale Idee des Sozialen zu verstehen, braucht man eine Vorstellung davon, um was es gerade eigentlich geht. Es geht hier wirklich um die Sicherung der Grundbedürfnisse der betreffenden Arbeiter. 


Wären die letzten Tagesarbeiter, die der Herr vom Markt holt, nicht mehr zu einem Lohn gekommen, so wäre für sie ein Mangel eingetreten. Sie hätten Hunger gehabt, ohne ihn sättigen zu können, sie hätten vielleicht keinen warmen Schlafplatz bis zum nächsten Tag gehabt, es wären auch ihre Familie in Mitleidenschaft gezogen worden und nicht zuletzt wäre ihnen damit die Sicherung ihrer Lebensgrundlagen vorenthalten worden. 

Der Herr des Weinberg, der ein Mensch mit ausgeprägten Gerechtigkeitsempfinden zu sein scheint, sieht die Not dieser Arbeiter auch mit seiner Frage: „Warum habt ihr heute nicht gearbeitet?“, denn es handelt sich in diesem Gleichnis um Tagesarbeiter, die von Tag zu Tag leben und täglich um ihr Überleben arbeiten müssen. 

Ohne Arbeit und ohne Lohn bzw. ohne Versorgung der Grundbedürfnisse wäre die Arbeitskraft der betreffenden Arbeiter am nächsten Tag nicht mehr so hoch und falls dies dann wiederum wieder „Herren“ abhalten sollte sie für sich einen Tag arbeiten zu lassen, dann begänne der Teufelskreislauf, der im schlimmsten Fall zum Tod der Tagesarbeiter führen würde. 

Viele Menschen in Deutschland glauben, dass es solche Tagesarbeiter nicht mehr geben würde bzw. das höchste der Gefühle seien Saisonarbeiter. Aber wer einmal auf den Straßen Kapstadts unterwegs gewesen ist, weiß, dass es diese Art der Arbeitsbeschaffung nach wie vor gibt. Auch wenn sie vom Staat nicht erwünscht ist und auch von der Polizei verhindert werden soll, treffen sich an vielen Vormittage schon früh die ersten Arbeiter an bekannten Straßenecken und warten, dass ein Auto mit Ladefläche anhält und sie für einen Tag irgendwelche Arbeiten machen können. 

Sie vereinbaren dann auch meist mit dem Besitzer des Autos oder des Klein-LKWs den Lohn für den Tag und es geht auch hier meist darum die Versorgung bis zum nächsten Tag sicher zu stellen. Durch solche Arbeitsverhältnisse sind Stigmatisierungen und Diskriminierungen an der Tagesordnung, da man aus diesen Arbeitsverhältnissen nur durch viel Glück wieder herausfinden kann. Genauso fühlten sich die Arbeiter, die zuletzt im Gleichnis vom „Herrn des Weinbergs“ geholt worden sind. Für sie ging es darum möglichst noch einen kleinen Geldbetrag zu bekommen, den sie eigentlich für die eine Stunde von anderen „Anbietern“ bekommen würden. 

Wie überrascht und vielleicht auch glücklich müssen sie gewesen sein, als der Herr des Weinbergs ihnen den vollen Tageslohn ausgezahlt hat. Mit diesem Tageslohn ausgestattet, war ihre Versorgung und die ihrer sehr wahrscheinlich auch vorhandenen Familie gesichert.

Für mich ist dieses Gleichnis ein sehr guter Beweis, wie neben der austeilenden und auch ausgleichenden Gerechtigkeit, die beiden anderen Gerechtigkeitsformen des Anerkennens des unumstößlichen Anspruchs auf Versorgung eines jeden Menschen und des Üben von Schöpferischer Gerechtigkeit wichtig ist. Aber lasst mich euch noch erklären, was ich mit Schöpferischer Gerechtigkeit meine. Nach der Definition von Paul Tillich, eines Theologen und Philosophen, ist Schöpferische Gerechtigkeit, die „Daseinsform der wiedervereinigenden Liebe“. Nur durch sie kann die durch die Liebe aufgehobene Trennung, sprich die Wiedervereinigung des Getrennten bewahrt werden. Dafür sind drei spezielle Handlungsformen notwendig:

1) Zuhören: Wir müssen uns auf den anderen einlassen, seine Sorgen und Nöte ernst nehmen, mit ihm zusammen leben und uns nicht gegeneinander ausspielen lassen. Wir werden erst am Du zum Ich und wer dem Du zuhört, wird sein Ich auch weiter entwickeln.

2) Schenken: Falls wir einen Überfluss haben, dann sollten wir unseren Überfluss nutzen, um Mangel aufzuheben bzw. Mangelstrukturen abzubauen.  Schenken kann man aber nicht nur im Sinne materiellem Schenkens sehen, sondern auch im ideellen Bereich, wie Zeit schenken, jemanden Raum geben, sich mit Dingen beschäftigen und last but not least auch sich beschenken zu lassen.

3) Vergeben: Die nach Tillich paradoxeste und schwierigste Form, da sie viel Selbstkontrolle und Selbsttranszendenz erfordert. Bei Gott können wir unseren ganzen Frust über Mitmenschen lassen, wir können uns ihm ganz hingeben und uns „neu machen“ lassen. In Hesekiel 36, Vers 26 heißt es:  „Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben.“ Diese Zusage gilt es ernst zu nehmen.  Für mich war diese Erkenntnis sehr prägend in der Zeit meines Freiwilligendienstes in Südafrika. Ich habe dort mit Kindern und Jugendlichen mit einer geistigen Behinderung gearbeitet und wenn ich dort nicht den Kindern und Jugendlichen Tag für Tag ihr Fehlverhalten auch vergeben hätte und jeden Tag für sich betrachtet hätte, wäre ich, glaube ich, nicht versöhnt mit diesen Kindern und Jugendlichen wieder nach Hause geflogen.

Dieser Schritt ist wichtig zu verstehen: Nur durch genaues Zuhören, der Bereitschaft zu schenken und des Üben von Vergebung ist Versöhnung  in unserer doch so zerstrittenen Gesellschaft möglich. Für unsere unerlöste Welt ist das auch eine Perspektive sich zusammen auf die Suche zu machen, wie wir mit diesem Ansatz unsere Welt ein Stück weiter in eine bessere Zukunft für alle schieben können.

Es darf kein frommer Wunsch bleiben, sondern muss unsere konkrete Handlungsmaxime als Christinnen und Christen in der Nachfolge unseres Herrn, Jesus Christus, sein!

Macht also mit!
                                                                                                                                              Visionär92